2014 Festzelt/ Marquee - Matthias Wyss

2020 Freispiel - Robin Byland

2014 In the thicket of being - Alice Henkes

2014 Caravan - Karoliine Elmer

2013 Interview - Fabian Gressly

2012 Ein persönlicher Zeichenzyklus - Bruna Bütler

2005 Der Löwe spricht - Francesco Micieli


CARAVAN

JUNGE KUNST

KUNSTHAUS AARAU

Karoliina Elmer, wissensch. mitarb. Aargauer Kunsthaus, 2014

english version

 

Ein Charakteristikum des Schaffens von Matthias Wyss ist die Integration von scheinbar unver­einbaren Gestalten und Tiergeschöpfen in einem Werk. Durch diese ungewöhnlichen Kombinationen erschafft er überaus reiche Welten. Die Komposi­tionen überfordern durch ihre Komplexität sowie Dichte. Sind die Betrachtenden bereit, ein be­ achtliches Mass an Konzentration aufzubringen und genau hinzuschauen, können sie dessen ungeachtet in zahllose sich eröffnende Erzählungen eintauchen. Das Universum des Künstlers löst ambivalente Gefühle aus: Die Bilder sind zugleich vertraut und erschreckend, alltäglich und fantastisch, para­diesisch und grausig.
Die Sujets für sein Schaffen findet der Künstler überall. Er schöpft sie aus persönlichen Themen, jedoch auch aus belanglosen Alltäglichkeiten. Matthias Wyss erarbeitet seine Kompositionen ohne Skizzen oder Vorzeichnungen. Er stellt sich bei jedem Werk neu vor die Aufgabe, disparate Motive auf einem Bild zu vereinen. Der Entstehungspro­zess beinhaltet Festhalten, Verbinden, Auslöschen in einem Wechsel und treibt ihn an bis die Inhalte eine mögliche Form erhalten haben. Nicht ein Traum leitet den Künstler, sondern die spezifischen Gesetzmässigkeiten des jeweiligen Mediums.
Die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus legt den Fokus auf seine jüngst geschaffenen Malereiarbei­ten, berücksichtigt aber auch die intensive Beschäftigung des Künstlers mit der Zeichnung. Nach der Zusammenfassung von fünf Skizzenbüchern in der Publikation Dschungel. Erstes Buch (2006) und dem Zyklus Tageslicht (2011—2013) sind die Bleistiftzeichnungen in Matthias Wyss’ Augen for­ mal soweit perfektioniert, dass er sich einem anderen Medium zuwenden will. Diese mediale Ver­ schiebung fordert ihn heraus, da es eine neue Bildsprache zu entwickeln gilt.
Lag die Konzentration bei den Zeichnungen auf ver­schiedenen Schattierungen des Graphits, so bringt das Medium der Ölfarbe die Auseinandersetzung mit der Farbgebung mit sich. Die Farbpalette bewegt sich zwischen gedämpften rot­braun bis grau­blau Tönen und einzeln gesetzten Akzenten von Blau, Rot, Weiss. Die Farbe wird Schicht für Schicht in Lasuren in glatter Malweise aufgetragen. Der Pin­ selduktus steht in starkem Kontrast zur Dynamik der Kompositionen. Zusätzlich vollzieht sich eine inhaltliche Veränderung. Seine Zeichnungen rufen Werke Hieronymus Bosch und Pieter Bruegel d.Ä. wach. Ihnen gleich ringt Matthias Wyss um die Schaffung einer aktuellen, eigenständigen Bild­ sprache. Dies gelingt ihm durch die Einbettung von Alltagselementen wie Zügen, Einkaufswagen, Auto­mobilen in alltägliche Szenen. Durch diese Situierung im Hier und Jetzt gewinnen gesellschafts­ kritische Themen an Bedeutung und die fantas­tischen Aspekte seiner Zeichnungen rücken in den Hintergrund.

 


CARAVAN

YOUNG ART

KUNSTHAUS AARAU

Karoliina Elmer, assistant curator, Aargauer Kunsthaus, 2014

 

A characteristic feature of Matthias Wyss’s oeuvre is the integration of seemingly incongru­ ous objects, figures and animal beings within a single work. Through these unusual combinations he creates extremely rich and complex worlds of unconventional imagery. His compositions over­ whelm the viewer with their complexity and dense­ ness, yet at the same time invite him to plunge into them, as they start off countless narra­ tives. They require a great deal of concentration and close inspection. The artist’s universe arous­ es ambivalent feelings, as the images appear familiar and terrifying, trivial and fantastic, edenic and ghastly.
The artist finds the subjects for his work any­ where. They draw on personal topics as well as on insignificant banalities. Matthias Wyss develops the compositions without sketches or preparatory drawings. With each work he sets himself the task of combining seemingly incompatible images in a painting. The creative process involves alternating between recording, combining, erasing and pushes the artist until the subject matter has received a possible form. Rather than by a dream, Wyss is guided by the specific regularities of the particu­ lar medium.
Although the exhibition at the Aargauer Kunsthaus focuses on the recent medium­scale painterly works, it also considers the artist’s preoccupation with the medium of drawing. After compiling five sketchbooks in the 2006 publication Dschungel. Erstes    Buch    and    the    2011 — 2013    series    Tageslicht, the pencil drawings have, in the eyes of Matthias Wyss, reached a level of perfection that made
him want to turn to a different medium. This shift in medium challenges him to develop a new visual language.
In the pencil drawings the focus had been on the various shades of the graphite, whereas the medium of oil paint involves dealing with colour. The colour palette varies between muted red­ brown and grey­blue hues with individual blue, red and white accents. The paint is glazed layer by layer in a smooth manner of painting. The smooth brushwork contrasts sharply with the dynamic quality of the compositions. The change of medium also involves a shift in content. His drawings evoke the works of Hieronymus Bosch and Pieter Bruegel the Elder. Like them, Wyss struggles
to create a contemporary, distinct visual language. He accomplishes this by embedding elements such as trains, shopping carts, cars in familiar scenes of everyday life. Thus situated in the here and now, socio­critical topics become more important and the fantastic aspects of his drawings takea back seat.